The Reality and Fictionality of Scientific Modelling: From Physics to Self-Models

Modellierung besteht darin, eine Reihe von Gleichungen oder Regeln zu entwickeln, um ein Phänomen reproduzierbar und anregend zu beschreiben, um ein vereinfachtes “Modell” davon zu erhalten. Die Formalisierung solcher Modelle soll oft als Vermittler zwischen Theorie und Experiment dienen, insbesondere bei komplexen Phänomenen, für die umfassende theoretische Erklärungen fehlen. Vor dem Hintergrund der aktuellen naturalistischen Philosophie wird daher weithin akzeptiert, dass die Modellierung eine Garantie für Wissenschaftlichkeit darstellt und eine entscheidende Rolle bei der Erzielung einer Form der Erklärung spielt, die die Identifizierung und Vorhersage des Verhaltens von Phänomenen ermöglicht, sei es ein physikalisches Phänomen wie “Zeit” oder ein mentales Phänomen wie “Bewusstsein” oder das “Selbst”.

Die Hauptziele unserer zweitägigen Konferenz bestehen jedoch darin, diese naturalistischen Postulate zu hinterfragen. Wenn es stimmt, dass Wissenschaften, insbesondere Physik und Neurowissenschaften, durch Modellierung vorgehen und vorgehen müssen, muss auch die Legitimität solcher Prozesse in Frage gestellt werden. Führt die Modellierung nicht zu einer Trennung zwischen dem beobachteten realen Phänomen und dem vorgeschlagenen Modell, insbesondere aufgrund der Vereinfachung und des fiktiven und repräsentativen Charakters der Modelle? Dies sind die Leitfragen.

(1) Der erste Tag der Konferenz wird sich auf die Modellierung in der Physik und anderen Naturwissenschaften konzentrieren, die in ihren Modellierungspraktiken stark auf Mathematik angewiesen sind. Wissenschaftliche Modelle und Modellierung sind von zentraler Bedeutung in der Wissenschaftsphilosophie und der Philosophie der Physik. Einerseits diskutiert die Philosophie der Physik zentral die Geschichte, Bedeutung und ontologischen Status einiger wichtiger Modelle (z. B. das sogenannte Standardmodell der Quantenphysik, siehe Healey 2017). Andererseits spielen kritische Diskussionen über (un)zulässige Modellierungspraktiken ebenfalls eine zentrale Rolle. Unter anderem werden diese Modelle als fiktive Entitäten (Thomasson 2020, Frigg 2020), Darstellungen eines Zielsystems (Giere 2004) oder abstrakte mathematische Entitäten (van Fraassen 1980, Wray 2018) verstanden. Das Hauptziel dieses ersten Tages wird sein, sich auf die verschiedenen Argumente für fiktive und realistische Interpretationen von Modellen aus der Quanten- und raumzeitlichen Physik zu konzentrieren und sie einer kritischen Diskussion zu unterziehen. Die erste Hypothese lautet daher, dass Modelle sowohl fiktive als auch nicht-fiktive Elemente enthalten, um Ziel systeme zu beschreiben, vorherzusagen und zu kontrollieren, und dass wir einen Realismus auch gegenüber fiktiven Entitäten anwenden sollten und daher Realisten in Bezug auf Modelle sein können, ohne ihre teilweise Fiktionalität zu negieren.

(2) Der zweite Tag der Konferenz wird sich auf die (Selbst-)Modellierung in Neurowissenschaften und Philosophie des Geistes konzentrieren. Die Praxis der Modellierung in diesen Bereichen hat seit dem Aufkommen der computationalen Neurowissenschaften, die darauf abzielen, die Rechenprinzipien zu klären, die den Gehirnfunktionen und der neuronalen Aktivität zugrunde liegen (Dayan, Abbot 2001), erheblich zugenommen. Dieser Modellierungsansatz hat zunächst eine signifikante Effizienz auf der mikroskopischen Ebene der neuronalen Membran gezeigt (siehe z. B. Hodgkin-Huxleys Modell von 1952). Der Erfolg früher mathematischer Modelle, gekoppelt mit den enormen Fortschritten neuer Datengeneratoren, hat in den letzten Jahrzehnten erhebliche Erwartungen geweckt, was zu Vorschlägen geführt hat, dass das gesamte Gehirn (siehe z. B. das Human Brain Project), Bewusstsein (siehe die führenden neuronalen Theorien des Bewusstseins wie z. B. die Global Workspace Theory oder die Integrated Information Theory) und sogar das Selbst (siehe Metzingers Selbst-Modell-Theorie der Subjektivität) ebenfalls modelliert werden können. Das Ziel des zweiten Tages der Konferenz besteht darin, die Legitimität solcher Modelle für Bewusstsein und das Selbst kritisch zu prüfen. Folgende Fragen werden daher behandelt: Sind die erklärungsmodelle, die von den führenden Theorien gewählt wurden (GWT, IIT, SMT usw.), nicht durch ihre anfänglichen theoretischen Entscheidungen voreingenommen? Haben sie wirklich eine vorhersagende Kraft, die sich auch auf neuroatypische Fälle wie psychische Störungen oder Hirnverletzungen anwendet? Führt die Praxis der Modellierung in Neurowissenschaften und Philosophie des Geistes letztendlich nicht zu essentialisierenden Hypothesen (wie “das Selbst” oder die Hypothesen zur “inneren Wahrnehmung”), deren Realität potenziell fiktiv ist (Dennett 1991, Graziano 2020)?

(3) Letztendlich ist das endgültige Ziel der Veranstaltung, von der Tugend des Querfragens zur (Selbst-)Modellierung in der Wissenschaftsphilosophie und Neurowissenschaften zu profitieren. So wie Modellierungsstrategien aus interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Physikern, Mathematikern, Biologen, Psychiatern und Philosophen (unter anderem) entstehen, glauben wir, dass kritisches Denken über Modellierungsstrategien auch von einer interdisziplinären Befragung profitieren kann.

Vortragende: 

Prof. Dr. Elke Brendel (University of Bonn)
Dr. Anna Ciaunica (University of Lisbon)
Prof. Dr. Ulrich Ettinger (University of Bonn)
Prof. Dr. Christian Moser (University of Bonn)
Prof. Dr. Birgit Munch (University of Bonn)
Prof. Dr. Lorina Naci (Trinity College Dublin)
Dr. Dr. Javier Suarez (University of Oviedo)
Dr. Jan Voosholz (University of Bonn)
Prof. Dr. Roman Frigg (London Schoof of Economics)
Dr. Charlotte Gauvry (University of Bonn)
Prof. Dr. Dennis Lehmkuhl (University of Bonn)

Datum: 25/03/2024 09:30-17:30 & 26/03/2024 09:00-17:00

Veranstaltungsort:

Tagungsraum des Internationalen Zentrums für Philosophie NRW (IZPH)
Poppelsdorfer Allee 28
53115 Bonn
3. Etage (Aufzug vorhanden)
Eingangsbereich nicht barrierefrei